Die sogenannte Phänologie leitet sich vom altgriechischen phaino – „ich erscheine“ ab. Die Lehre über die Erscheinungen beschäftigt sich mit der Entwicklung der Pflanzen und dem Verhalten der Tiere im Jahresverlauf.
Der phänomenale Rhythmus der Natur
Wenn in Graz die Apfelbäume blühen, ist in der Ramsau am Dachstein gerade einmal die Winterruhe beendet. Im Gegensatz zum Datumskalender ist der „Kalender, den die Natur schreibt“ von Region zu Region und von Jahr zu Jahr unterschiedlich. Von Chaos jedoch keine Spur: In konsequenter Regelmäßigkeit folgt Ereignis auf Ereignis. Die ersten tanzenden Zitronenfalter oder die Weidenblüte können sich schon einmal über den Monat verzögern. Dann lässt aber auch die Blüte von Apfel und Holler auf sich warten und die Wiesen werden später mähreif. Man kann zwar nie genau sagen, wann die Natur durchstartet, aber dass der Vorfrühling durch die Blüte der Hasel gekennzeichnet ist, der Sommer mit der Hollerblüte ins Land zieht und zu dem Zeitpunkt sicher kein Apfelbaum mehr blühen wird, darauf kann man sich verlassen.
10 Jahreszeiten
Das phänologische Jahr setzt sich aus 10 Jahreszeiten zusammen, die jeweils von bestimmten Natur-Ereignissen (oft auch als „Erscheinungen“ oder „Phänomene“ bezeichnet) charakterisiert werden:
- Vorfrühling
- Erstfrühling
- Vollfrühling
- Frühsommer
- Hochsommer
- Spätsommer
- Frühherbst
- Vollherbst
- Spätherbst
- Winter
Noch bis vor wenigen Jahrzenten war das Aufschreiben der Abfolge unserer Natur-Ereignisse im Jahresverlauf wie Blattaustrieb, Blüte, Fruchtreife, Rückkehr der Schwalben oder von landwirtschaftlichen Nutzungszeitpunkten weit verbreitet. Im Moment erfährt das Begleiten und Aufschreiben der Naturentwicklung durch die spürbare Klimaerwärmung der letzten Jahre zunehmend eine Renaissance und wird auch in der Natur- und Klimaforschung immer wichtiger.
Durch die Aufzeichnungen des Eintritts der Vollblüte des Hollers zum Beispiel über Jahre hinweg, lassen sich wichtige Erkenntnisse über die Klimaveränderungen darstellen.
Eine Kurve über die Aufzeichnungen der Vollblüte des Hollers seit 1952 zeigt, dass der Holler tendenziell immer früher blüht - im Mittelwert ca. 3 Wochen früher, wobei das Jahr 2021 diesem Langzeittrend extrem widerspricht.