Zum Inhalt springen

AA AA AA

Foto: Raymond Clement / Naturpark Our

Foto: Franz Kovacs

Biotopverbund als Strategie des Naturschutzes zur Klima-Anpassung

in der Beispielregion Naturpark Diemelsee

Projektbeschreibung

Naturpark Diemelsee

Der Naturpark Diemelsee umfasst eine Größe von rund 33.500 ha und liegt im äußersten Nordwesten Hessens im Landkreis Waldeck-Frankenberg und im Hochsauerlandkreis (Nordrhein-Westfalen). Als Teil des Rothaargebirges ist das Gebiet geologisch aufgebaut durch devonische und karbonische Schiefer, Quarzite, vulkanisch entstandene Diabase, Mergel und verschiedene Kalksteine, die eine unruhig gekuppte Mittelgebirgslandschaft bilden. Daraus resultiert eine starke Höhendifferenz von über 580 Höhenmetern zwischen ca. 260 m über Normalnull im Diemeltal bei Marsberg und 843 m über Normalnull (Langenberg, Hegekopf). Das Fließgewässernetz der Diemel und ihrer Nebengewässer bildet ein verbindendes Element.

Die Landschaft wird einerseits geprägt durch großflächige Wälder mit hohen Anteilen an naturfernen Fichtenforsten, aber auch einer großen Vielfalt sehr wertvoller Laubwälder. Auf der anderen Seite sind vielfältige naturschutzfachlich besonders hochwertige (Halb-)Offenlandbiotope typisch und landschaftsprägend.

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Der Biotopverbund gilt als wirksame Anpassungsstrategie des Naturschutzes an die Folgen des Klimawandels. Unklar ist jedoch bislang, welchen Kriterien ein solcher Biotopverbund genügen muss; entsprechende beispielhafte und übertragbare Vorhaben fehlen. Diese Lücke soll das geplante Vorhaben am Beispiel der Mittelgebirgsregion des Naturparks Diemelsee schließen. Diese eignet sich aufgrund der Ausstattung mit Lebensraumtypen und des hochwertigen Arteninventars sowie aufgrund des ausgeprägten Höhengradienten besonders für das Vorhaben.

  • Das Projekt schafft mit fachlich-theoretischem Inhalt, Planungsvorschlägen und ersten umgesetzten Maßnahmen die Basis für die Umsetzung vielfältiger Naturschutzprojekte.
  • Es zeigt auf wissenschaftlicher Basis – übertragbar auf andere Gebiete – den aktuellen Kenntnisstand zu den Auswirkungen des prognostizierten Klimawandels auf die Biodiversität und abhängiger Ökosystem-Dienstleistungen. Darauf aufbauend wird eine Anpassungsstrategie für den Naturschutz (Ziele und Maßnahmen für Zielarten und Lebensraumtypen) entwickelt.
  • Für die Talsysteme mit ihren Auen und Talhängen sowie angrenzenden Lebensraumtypen hilft ein Zielartenkonzept, qualitative und quantitative Ziele für den Biotopverbund zu formulieren, Maßnahmen abzuleiten und umzusetzen.

Zur Zielerreichung arbeiten unterschiedliche Akteur*innen aus amtlichem und ehrenamtlichem Naturschutz, Forst und der Universitäten Geisenheim und Osnabrück länderübergreifend zusammen.

Bearbeitete Module im Projekt

  1. Literaturrecherche: Eine umfassende Literaturdatenbank wurde erstellt und die Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität wurden zusammenfassend ausgewertet. Vor allem montan verbreitete Arten und Habitate sind stark durch den Klimawandel betroffen – wie Moorwälder, bachbegleitende Erlen-Eschen-Wälder, Schluchtwälder, Fließgewässer, Feuchtwiesen, Borstgrasrasen, Bergwiesen und die im Gebiet vorkommenden national und international bedeutsamen Reste von Bergheiden.
  2. Erarbeitung eines Zielartenkonzepts: Nach einem angepassten Auswahlschema wurden 62 Zielarten ausgewählt, die – neben anderen Kriterien – überwiegend negativ auf den Klimawandel reagieren. Ihre Vorkommen wurden (ebenso wie Biotoptypen) auf Kern-flächen mit ca. 10.000 ha Gesamtfläche erfasst und ausgewertet. Diese Nullaufnahme dient als Planungsgrundlage und einfach anwendbares Indikatorensystem, um künftig im Gebiet die Folgen des Klimawandels konkret nachzuvollziehen.
  3. Erarbeitung eines Maßnahmenkatalogs, gegliedert in ein theoretisches Fachkonzept „Biotopverbund als Klimaanpassungsstrategie“ und eine Maßnahmenplanung für das Projektgebiet (1:50.000):
    Hierzu wurde eine selektive Biotopkartierung durchgeführt, eine Bewertung hinsichtlich Qualität, Flächengröße und räumlicher Lage der Einzelflächen vorgenommen und eine Maßnahmenplanung erstellt. Diese wurde durch ein Fachkonzept „Biotopverbund als Klimaanpassungsstrategie“ seitens der Wissenschaft unterfüttert, welches spezifische Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel für das Projektgebiet enthält und auch Hinweise für Umsetzungsinstrumente und weiteren Forschungsbedarf gibt. Sehr praxis-relevant sind zwei weitere Bausteine: eine vertiefende Studie zur Konnektivität der Ma-gergrünland-Habitate der Zielarten Rundaugen-Mohrenfalter (Erebia medusa) und Ampfer-Grünwidderchen (Adscita statices) sowie eine Quellenkartierung, die für die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Schutzmaßnahmen generell und als feiner Indika-tor für die Wirkung von Klimaänderungen auf eine kaltstenotherme Fauna besonders bedeutsam erscheint.
  4. Umsetzung beispielhafter Maßnahmen zur Zielerreichung: Einige Maßnahmen wurden geplant und zum Teil auch umgesetzt. Aus Kapazitätsgründen erfolgte hier aber eine Beschränkung auf exemplarische Projekte, wie die Erstpflege von Sukzessionsflächen, Beweidung im magertrockenen sowie feuchten Standortbereich, Fichtenentnahme in Tälern.
  5. Öffentlichkeitsarbeit: Im Vordergrund stand die fachspezifische Öffentlichkeitsarbeit mit Publikationen (kommentierte und bebilderte Artenliste des Naturparks mit ca. 3.000 nachgewiesen Pflanzen- und Tierarten, Zusammenfassung der Literaturrecherche zu Auswirkungen des Klimawandels auf Arten und Habitate in Mittelgebirgen, Zielarten-Konzepte in Großschutzgebieten) sowie die Mitgestaltung der Jahrestagung des Verbands Deutscher Naturparke (VDN). Daneben unterstützen Artikel in der Lokalpresse, die Website des Naturparks und verschiedene Exkursionen die Öffentlichkeitsarbeit.

Resümee und Ausblick

Die Zielsetzungen des Projekts wurden vollumfänglich erfüllt und die Anliegen von Praxis und Wissenschaft in einem fruchtbaren Dialog hervorragend miteinander verknüpft. Das Vorhaben lieferte ganz neue Grundlagen und ein umsetzbares Maßnahmenkonzept für den Biotopverbund als Klimaanpassungsstrategie des Naturschutzes in Mittelgebirgen. Es dient verschiedenen Akteur*innen als „Steinbruch“ für die Umsetzung der im Rahmen des Gesamtkonzepts effizientesten Maßnahmen unter anderem durch naturschutzrechtliche Kompensation, neue (zum Teil bereits startbereite) Folgeprojekte, Agrarumweltmaßnahmen und die Gründung eines Landschafspflegeverbands. Das Vorhaben förderte außerdem die Zusammenarbeit über die Landesgrenze hinweg. Viele grundlegende Erkenntnisse lassen sich zudem auf andere Mittelgebirge übertragen.

Service-Angaben:

Naturpark Diemelsee • Geschäftsführer: Dieter Pollack
Waldecker Straße 12 • 34508 Willingen • Deutschland
Tel.: +49 (0) 5632 / 40 11 24 • E-Mail: info@naturpark-diemelsee.de
Web: www.naturpark-diemelsee.de

Kooperationspartner:

Naturschutzzentrum Biologische Station Hochsauerlandkreis e.V.
Benedikt Wrede • Am Rothaarsteig 3 • 59929 Brilon
Tel.: +49 (0) 2961 / 98 91 306 • E-Mail: b.wrede@biostation-hsk.de
Web: www.biostationhsk.de


Biotopverbund Naturpark Diemelsee (PDF-Download: 0,4 MB)

Stand: August 2020


Dieser Artikel entstand im Rahmen des Projektes "Klimaschutz in Naturparken" und wurde von Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert.

Top