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Foto: goodluz/fotolia

Masterarbeitvon Marc Sonnleitner

Auswirkungen von Überweidung auf die aquatischen Lebensgemeinschaften von Quellen des Nationalparks Kalkalpen und Erfolgskontrolle von Restaurierungsmaßnahmen

Quellen sind sogenannte Ökotone, die nicht nur von Quellspezialisten (Krenobionten), sondern auch von Grundwasser- und (Quell-)Bachbewohnern beheimatet werden. Krenobionten sind hoch spezialisierte Organismen, die an die konstante Wassertemperatur und Schüttung angepasst sind. Grundsätzlich werden Quellen von einer Vielzahl an Endemiten bewohnt, was ihre naturschutzfachliche Relevanz unterstreicht. Quellen reagieren jedoch aufgrund ihrer Kleinräumlichkeit besonders sensibel auf anthropogene Beeinträchtigungen. Die Flächen des Nationalparks Kalkalpen werden schon seit mehreren Jahrhunderten almwirtschaftlich genutzt, wodurch die darauf befindlichen Quellen stark beeinträchtigt werden. Um almwirtschaftliche Flächen zu erschließen, wurden Rodungen durchgeführt, wobei die Beweidung in weiterer Folge die Bildung standorttypischer Vegetation unterbindet. Weiters führt sie zu einem verschlammten Quellabfluss hervorgerufen durch den Vertritt des Weideviehs und hoher organischer Belastung durch deren Exkremente. Durch diese Beeinträchtigungen wird auch die aquatische Lebensgemeinschaft der Quelle stark verändert. Um die Managementziele des Nationalparks zu erreichen, wurde im Jahr 2000 das LIFE-Projekt „Management von Naturwäldern im Nationalpark Kalkalpen, Österreich“ (LIFE99NAT/A/5915) gestartet. In Zuge dessen wurden vier beeinträchtigte Quellen mit Schutzzäunen, die den Zutritt von Weidevieh verhindern, und Emergenzfallen, die der biologischen Zustandsüberwachung dienen, ausgestattet.

 

Methodik

Für die Beurteilung des ökologischen Zustands wurden die Indikatorgruppen Plecoptera (Steinfliegen) und Trichoptera (Köcherfliegen) herangezogen, da sie über einen hohen Anteil quelltypischer Organismen verfügen und sensibel auf anthropogene Veränderungen reagieren. Diese Arbeit untersucht die positiven Effekte der Schutzzäune und versucht abzubilden, wie anderweitige Beeinträchtigungen der Quellen den Renaturierungserfolg vermindern. Um ersteres darzustellen, wurden die Dominanzen von Arten mit speziellen Eigenschaften, die in unbeeinträchtigen Fliessquellen besonders hoch sind, untersucht. Die untersuchten Eigenschaften waren: die niedrige Toleranz gegenüber organischer Verschmutzung (Xenosaprobe Arten), die Nahrungsaufnahme über grobpartikuläres organisches Material (Zerkleinerer), die Bindung an konstant niedrige Temperaturen (Kaltstenotherme Arten), die Bindung an hohe Fließgeschwindigkeiten mit kiesigem Untergrund (rheolithophile Arten) sowie die Bindung an Quellhabitate (krenobionte Arten). Um zu beurteilen, inwiefern anderweitig bestehende Beeinträchtigungen in und um die Quellen den Renaturierungserfolg beeinträchtigen, wurde eine qualitative Beurteilung der Stressoren und eine kombinierte Betrachtung der oben erwähnten Dominanzen durchgeführt.

 

Ergebnisse

Die Resultate zeigen, dass Schutzzäune allein nicht in der Lage sind, den natürlichen Zustand in Quellen wiederherzustellen. Die erwarteten Zunahmen von quelltypischen Organimen konnten in nur einer der vier untersuchten Quellen beobachten werden. Es ist hierbei jedoch anzumerken, dass die Almfläche (Jörglalm) ebenjener Quellen schon vor einigen Jahrzehnten aufgelassen und somit nicht intensiv bewirtschaftet wurde. Die qualitative Bewertung der wirkenden Stressoren zeigte, dass der Renaturierungserfolg stark von der bestehenden Nutzung abhängt. So zeichnete sich beispielsweise die benthische Lebensgemeinschaft der Ebenforstalmquelle, selbst 20 Jahre nach der Umzäunung, durch untypische Schlammbewohner aus. Als Grund hierfür können die, über den gesamten Untersuchungszeitraum bestehende, almwirtschaftliche Beweidung und der damit einhergehende Brunntrog samt Querung für Weidevieh genannt werden. Die beiden anderen Quellen liegen im Gebiet der Schaumbergalm. Die Quelle der Schaumbergalmhütte liegt in einem Fichtenforst, der nach der ersten Untersuchungsperiod (2009) im Rahmen des Borkenkäfermanagaments gerodet werden musste. Diese drastischen Veränderungen im Umfeld der Quelle spiegelten sich auch in deren Lebensgemeinschaft wieder. Der Quellbach, dessen Abfluss einst durch die dichte Nadelauflage stark gestört war, konnte wieder frei fließen. Typische Quellbachbewohner, z.B. die Köcherfliege Synagapetus iridipennis, die hohe Fließgeschwindigkeiten und steiniges Substrat benötigen, kehrten daraufhin zurück.  

In der Schaumbergalmquelle zeigte die Zunahme von kaltstenothermen Arten, dass die Umzäunung und das damit einhergehende Ausbleiben von Verbiss durch Weidetiere die Entwicklung einer standorttypischen Vegetation (Erlen) ermöglicht. Die so erreichte Beschattung reduzierte die Sonneneinstrahlung, wodurch die Wassertemperaturen konstant gering blieben. Jedoch führte auch bei der Schaumbergalmquelle eine Nutzung zur Minderung des Renaturierungerfolgs. Durch eine Wasserfassung, die der Trinkwasserversorgung einer neu errichteten Almhütte dienen sollte, wurden die hydrologischen Bedingungen der Quelle stark beeinträchtigt. Aufgrunddesssen zeichnete sich der Quellbach durch einen hohen Anteil von Feinsediment und schlammigen Bereichen aus. Wie bereits vor der Umzäunung wurde in dieser Quelle eine hohe Dominanz der für Fliessquellen untypischen Steinfliege Nemurella pictetii festgestellt.

Die Resultate dieser Arbeit unterstreichen, wie sensibel Quellen auf menschliche Eingriffe reagieren und verdeutlichen somit die Notwendigkeit von konsequentem Naturschutz. Dieser ist jedoch nicht nur in Nationalparks, sondern auch in anderen almwirtschaftlichen bewirtschafteten Gebieten von elementarer Bedeutung, um den weiteren Verlust von bedrohten Arten zu verhindern und natürliche Biotopflächen wiederherzustellen. Zudem zeigen die Funde von vier Alpenendemiten und zwölf Rote-Liste-Arten, welch wichtigen Beitrag Quellen zu Österreichs Biodiversität leisten.

 

Download

Die Masterarbeit „Effects of management efforts on benthic communities in anthropogenically impacted springs in the Kalkalpen National Park“  (2022) von Marc Sonnleitner wurde an der Universität für Bodenkultur Wien verfasst und kann hier heruntergeladen werden (PDF-Download: 5,1 MB).

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