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Foto: goodluz/fotolia

Masterarbeitvon Alina Mirwald

(Sub-)Alpine Hummeln und ihre Bestäubernetzwerke im Kalsbachtal – Ein Vergleich der 1930er zu 2020

Insbesondere in Bergregionen tragen Hummeln einen sehr großen Teil zur Bestäubung bei, da sie an das raue Wetter, das dort zeitweise herrscht, angepasst sind (Heinrich 1975, 2004; Williams 1991; Rasmont und Schweiger 2015; Rasmont et al. 2015; Blüthgen 2014). Hummeln dieser Zonen sind durch Klimaerwärmung, Intensivierung und Veränderung der Landnutzung und den dadurch entstehenden Ressourcenmangel gefährdet (Martinet et al. 2020; Paxton et al. 2015; Abrol 2012; Goulson 2006; Mänd et al. 2002; Kevan 1999). Aufgrund der Erwärmung wandern Hummeln in höhere Gebiete, welche nicht mehr ausreichend Lebensraum für diese bieten können (Rasmont und Schweiger 2015).

Um einem Rückgang von Hummeln entgegenzuwirken, ist es wichtig genaue Erkenntnisse über die Hummelgemeinschaften und ihre Bestäubernetzwerke in diesen Gebieten zu erlangen, sowie ihre Blütenpräferenzen nachvollziehen zu können. Fokus dieser Arbeit liegt daher auf der Frage nach einer Veränderung der Zusammensetzung der Hummelfauna des Kalsbachtales (Ost-Tirol) im Vergleich zu Daten aus den 1930er Jahren.

 

Methodik & Ergebnisse

Im Rahmen der Masterarbeit werden folgende Forschungsfragen bearbeitet:

1: Wie setzt sich die Hummelfauna im Kalsbachtal 2020 zusammen?

2: Welche Pflanzenarten werden von den verschiedenen Hummelarten als Nektar- und Pollenquelle genutzt?

3: Welche Zusammenhänge können zwischen Hummelarten und dem Spektrum an Blütenfarben, Corollalängen und Blumentypen festgestellt werden?

4: Inwiefern hat sich das Bestäubernetzwerk seit den 1930ern verändert? Wie sehen aktuelle Beflugszahlen im Vergleich zu 1935 aus? Sind die Futterpflanzen dieselben geblieben?

Um die Forschungsfragen beantworten zu können, wurden Erhebungen in Kals am Großglockner in Ost-Tirol im Team mit Katharina Thierolf vorgenommen. Mittels Transektmethode wurden Täler untersucht, die auch Teil Bruno Pittionis historischer Aufnahmen der 1930er Jahre waren.

Zwischen 19. Juli 2020 und 22. August wurden insgesamt 1308 Hummelindividuen von 22 unterschiedlichen Arten notiert. Die häufigsten Hummeln, und auch die wichtigsten Bestäuber des Hummel-Pflanzen Netzwerkes, waren Bombus pratorum, Bombus pascuorum und Bombus pyrenaeus.

Die Wahl der Futterpflanzen fiel hauptsächlich auf Disteln (u.a. Carduus defloratus) und Rotklee (Trifolium pratense) aus, beide Pflanzenarten sind dem Blumentyp Köpfchen- und Körbchenblumen (nach Kugler 1970, abgeändert von Neumayer und Paulus 1999) zugeschrieben. Dieser Blumentyp wird bestimmt durch eine Anzahl an Einzelblüten, die in einem Köpfchen/Körbchen zusammengeschlossen sind. Die Hummeln können hier ohne großen Aufwand Nektar von mehreren Einzelblüten saugen, ohne die Blüte verlassen zu müssen.

Außerdem festgestellt wurde eine Vorliebe für blaue und UV-blaue Blüten. Da Hummeln im Vergleich zu Menschen einen verschobenen Wellenlängenbereich wahrnehmen, sind blaue und UV-blaue Blüten für uns Menschen als pink, purpur, violett ersichtlich (Gayl 2018; Peitsch et al. 1992; Briscoe und Chittka 2001; Bossems 2015). Auch hier wurden großteils Disteln, Rotklee, aber auch Pflanzen wie Vicia cracca, Scabiosa-Arten oder Centaurea-Arten angeflogen.

Die Präferenz der Bergwaldhummel (Bombus wurflenii) fiel hingegen auf grüne und blaugrüne (für den Menschen gelbe, weiße) Pflanzen. Der Vergleich der Aufnahmedaten 2020 zu 1935 zeigt eine eindeutige Verschiebung der meistbesuchten Futterpflanzen von Phyteuma globulariifolium hinzu Trifolium pratense.

Auch die Hummelfauna selbst hat sich stark verändert. So waren 1935 mit zirka 18% die meistgesichteten Hummeln Bombus soroeensis und Bombus sichelii, beide Hummelarten konnten 2020 nur noch zu einem sehr geringen Anteil beobachtet werden. Weiters wird das Bestäubernetzwerk im Jahr 2020 von generalistischen Tieflandarten bestimmt, wohingegen 1935 mehr alpine Arten vorherrschend waren. Für diesen Zusammenhang scheinen wohl klimatische Veränderungen verantwortlich zu sein. Sechs Hummelarten konnten 2020 nicht mehr nachgewiesen werden, die 1935 jedoch aufgenommen wurden. Vier dieser nicht gesichteten Hummelarten sind sozialschmarotzende Kuckuckshummeln: Bombus bohemicus, Bombus flavidus, Bombus quadricolor und Bombus sylvestris. Der Rückgang von Kuckuckshummeln kann auf eine instabile Hummelfauna hinweisen, da diese Sozialschmarotzer auf bestimmte Wirtsarten spezialisiert sind und für sie im Falle eines Rückganges ihrer Wirte nicht mehr genug Wirts-Nester auffindbar sind.

Der Rückgang der Hummelfauna im Kalsbachtal könnte neben Klimatischen Veränderungen in Verbindung mit einer Veränderung und Intensivierung der Landnutzung stehen. Laut Statistik Austria (2010) sind Bergmähder und einmädige Wiesen in der Gemeinde zurückgegangen, hingegen der Waldanteil gestiegen, wodurch den Hummeln geeigneter Lebensraum genommen wurde.

 

Fazit

Die Aufnahmen im Kalsbachtal zeigen, dass auch hier, ebenso wie in ganz Europa und Nordamerika, die Diversität der Hummeln rückläufig ist (Rasmont et al. 2015; Goulson et al. 2005; Williams und Osborne 2009; Kosior et al. 2007). Viele Forschende warnen von einer Bestäuberkrise (Allen-Wardell et al. 1998; Kearns et al. 1998; Settele 2020). Von einer Krise kann, vergleicht man die Zahlen der Hummelaufnahmen von 1935 und 2020, noch nicht gesprochen werden. Nicht abzustreiten ist jedoch, dass der Artenreichtum der Hummeln in Kals abnahm und es eine Verschiebung der am stärksten vertretenen Arten gab.

 

Download

Die Masterarbeit "(Sub-)Alpine Hummeln und ihre Bestäubernetzwerke im Kalsbachtal – Ein Vergleich der 1930er zu 2020" (2021) von Alina Mirwald wurde an der Universität für Bodenkultur Wien verfasst und kann hier heruntergeladen werden (PDF-Download: 14,3 MB).

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