65 km Fluss pur im Außerfern – das ist der Tiroler Lech mit seinem breiten Geflecht aus Flussarmen, Schotterinseln und Auwäldern. Er ist der letzte Wildfluss der Nordalpen. Wildflusslandschaften zählen in Zentraleuropa zu den am meisten gefährdeten Landschaftstypen. Das Zusammenspiel von Wasser, Geröll, Steinen, Kies und Sand, die Neigung des Flussbetts und die Strömungsgeschwindigkeit des Wassers spielen eine entscheidende Rolle für die freie Gestaltungskraft des Wildflusses. Diese Dynamik ist charakteristisch für einen Wildfluss.
Platz für Siedlungen und landwirtschaftliche Flächen aber auch der Schutz der Bevölkerung vor Hochwasser, führten im 20. Jahrhundert zu Verbauungen des Flussbetts. Dazu wurden Dämme und Steinmauern an der Uferseite und ins Flussbett hinein errichtet. Auch Geschiebesperren in den Seitenbächen wurden gebaut und vermehrt Schotter entnommen. Nicht ohne Folgen! Es kam zur Eintiefung der Flusssohle und zur Absenkung des Grundwasserspiegels. Das hatte Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt, da die Spezialisten der Wildflusslandschaft und die angrenzenden Lebensräume auf regelmäßige Überflutungen angewiesen sind.
An elf Standorten am Oberlauf des Tiroler Lech sowie im Grenzverlauf auf deutschem Staatsgebiet sollen flussbauliche Maßnahmen zur Redynamisierung gesetzt werden. Hier befinden sich Gebiete, die großes Potential für die Ausbildung von Schotterbänken und Pionierhabitaten haben. Um die natürliche Dynamik des Flusses wiederherzustellen, sollen Flussverbauungen entfernt, das Flussbett verbreitert, Nebenarme angelegt und Querverbauungen gekürzt werden. So wird auch der Hochwasserschutz verbessert. Gleichzeitig soll durch die Revitalisierungsmaßnahmen die Eintiefung der Flusssohle gestoppt und der Grundwasserspiegel stabilisiert bzw. angehoben werden. Zudem sollen in dem Gebiet Artenschutzmaßnahmen gesetzt werden, die von einem umfangreichen Monitoring-Programm begleitet werden. Auch die Besucherlenkung im Natura 2000-Gebiet Tiroler Lech soll verbessert und die Bevölkerung, Gäste und Fachpublikum informiert werden.
All diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass gefährdete Lebensräume sowie Pflanzen- und Tierarten eine geeignete Heimat finden. Von dem Projekt LIFE Lech profitieren beispielsweise die Auenlandschaft, die Koppe (Cottus gobio), die Gefleckte Schnarrschrecke (Bryodemella tuberculata), der Flussregenpfeifer (Charadrius dubius), der Flussuferläufer (Actitis hypoleucos) und die Deutsche Tamariske (Myricaria germanica).
Zahlen & Fakten:
Projektnummer: LIFE15 NAT/AT/000167
Projektzeitraum: 1. September 2016 – 31. Dezember 2021
Budget: € 6.093.220,--
EU‐Förderung: € 3.655.932,--
Projektleitung: Bundeswasserbauverwaltung Tirol, Baubezirksamt Reutte
Partner: Wasserwirtschaftsamt Kempten, Deutschland
Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Umweltschutz
Öffentlichkeitsarbeit: Naturpark Tiroler Lech