Auch der Schwarzwald ist vom Klimawandel betroffen. Vor allem steigende Temperaturen und Sommertrockenheit führen zu beträchtlichen Veränderungen und Auswirkungen in Natur und Landschaft. Mit dem Projekt „Landschaft im Klimawandel – Anpassungsstrategien für den Naturpark Südschwarzwald“ (2014-2016) hat der Naturpark diese Thematik bereits früh aufgegriffen. Für sechs repräsentative Modellbetriebe – mit land- und forstwirtschaftlichem Schwerpunkt, unterschiedlichen Höhenlagen und Betriebstypen – wurden Klimarisiken und Anpassungsstrategien bis auf die Ebene der Waldbestände und Schläge ausgearbeitet.
Den Betrieben wurde empfohlen, sich schon heute darauf einzustellen und ihre Betriebsstrukturen auf den Auswirkungen des Klimawandels auszurichten.
In dem Folgeprojekt „Landschaft im Klimawandel – neue Nutz- und Schutzkonzepte für den Naturpark Südschwarzwald“ (2017 – 2018) wurden auch die Auswirkungen des Klimawandels auf besonders naturschutzrelevante Lebensräume im Naturpark Südschwarzwald untersucht. Regional wichtige FFH-Lebensraumtypen (LRT) wurden für die Untersuchung ausgewählt: Bodensaure Nadelwälder und Subalpine Buchenwälder, sowie Bergmähwiesen und artenreiche Borstgrasrasen. Die LRTs sind gekennzeichnet durch das Vorkommen spezifischer Charakterarten, wie z. B. Goldhafer, Borstgras, Europäischer Siebenstern oder Alpen-Milchlattich, welche die montanen Regionen des Naturparks sowie den Naturraum des Schwarzwalds sehr gut repräsentieren.
Die Vulnerabilität der ausgewählten FFH-Lebensraumtypflächen wurde anhand von ExpertInnen-Workshops sowie durch Umsetzung der Klimahüllen-Methodik analysiert. Eine Klimahülle stellt das mögliche Vorkommen einer Art oder eines Lebensraums basierend auf verschiedenen Umweltfaktoren dar. Häufig werden dafür die Durchschnittstemperatur oder der Jahresniederschlag verwendet.
Für die vorliegende Untersuchung wurde auf die zwei Umweltfaktoren ‚Klimatische Wasserbilanz‘ (KWB) und ‚Temperaturveränderung‘ zurückgegriffen. Die Besonderheit lag in der zusätzlichen Berücksichtigung der konkreten Terrainsituation (Hangneigung, Exposition) sowie der nutzbaren Feldkapazität (nFK). Der Wert liefert Aussagen über die klimatisch bedingten Überschüsse oder Defizite der Wasserhaushaltssituation. Der Ansatz war daher auch aus wissenschaftlicher Perspektive innovativ.
Zunächst wurde für die Standorte der vier LRTs untersucht, unter welchen Bedingungen sie aktuell im Naturpark vorkommen. Danach wurden beide Umweltfaktoren für diese Standorte aus den Klimaprojektionen der Landesanstalt für Umwelt, Messung und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) für die nahe (2021 – 2050) und ferne Zukunft (2071 – 2100) ermittelt. Allein aus dieser vergleichenden Betrachtung der Klimakennzahlen lässt sich schlussfolgern, dass die LRT-Flächen in der fernen Zukunft mit vollkommen anderen Klimabedingungen konfrontiert sein werden als heute.
Die typischen Standortbedingungen der montanen Lagen des Schwarzwalds, bislang geprägt von ausreichender Wasserversorgung, werden sich in Zukunft stark verändern. Fehlende Niederschläge im Sommer, höhere Temperaturen und längere Vegetationsperioden werden die Lebensbedingungen der heute dort vorkommenden, feuchte- und kälteliebenden Arten verändern. Wärme- und trockenliebendere Arten werden von diesen Bedingungen profitieren. Allerdings bedeuten aus naturschutzfachlicher Sicht die Änderungen der Standortbedingungen nicht nur „Verluste“. Neue, ebenfalls wertvolle Lebensräume für Arten können sich mit der Zeit entwickeln.