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Foto: Ewald Neffe

Foto: Ewald Neffe

Foto: Andreas Kristl

Hirschbirne

Imposante Obstbaumriesen, ihrer kulinarischen Werte hoch geschätzt – auch wenn sie mit ihrem Prädikat der „geschützten Ursprungsbezeichnung“ EU-Luft schnuppern darf, bleibt die Hirschbirne ein steirisches Original von der Wurzel bis zum Kerngehäuse ihrer g´schmackigen Früchte.

Gut Ding braucht Weile

Ein erster Biss in ihre süß duftenden Früchte lässt oft Gesichter lustige Grimassen schneiden – die adstringierende Wirkung ist schon etwas gewöhnungsbedürftig. Die Hirschbirne ist mit ihren herb-aromatischen Früchten eine Mostbirnensorte, die sich durch einen hohen Gerbstoffgehalt auszeichnet. Anders als die meisten Kultur-Birnensorten stammt sie von der Schnee-Birne ab, einer Birnenart die ursprünglich im südlichen Mitteleuropa und in Kleinasien beheimatet war. Die Sorte entstand vermutlich als Zufallssämling um 1800 und ist sowohl historisch als auch heute noch ausschließlich in der Oststeiermark insbesondere im Naturpark Pöllauer Tal und der Buckligen Welt verbreitet.

Hirschbirnbäume können sehr alt werden. Das Alter der aktuell mächtigsten lebenden Bäume wird auf rund 200 Jahre geschätzt. Traditionell werden die Bäume auch heute noch in Streuobstwiesen und Baumreihen kultiviert. Zur Blütezeit Anfang Mai verwandeln sich die mächtigen Baumkronen in weiße Blütenwolken, die Dank der Frostunempfindlichkeit der Blüten auch überraschende Kälteeinbrüche unbeschadet überstehen können. Mit der Fruchtreife lässt sich die Hirschbirne viel Zeit. Erst später im Herbst, wenn in den Obstplantagen und Spalierreihen bereits wieder Ruhe nach dem Erntestress eingekehrt ist, kommt die Zeit der kleinen, rundlichen Hirschbirnen.

Oststeirerin mit Potenzial

Die Pöllauer Hirschbirne g.U. hat es geschafft, als regionale Besonderheit bis in internationale Kreise der Europäischen Union vorzudringen und findet sich hier in illustrer Gesellschaft mit anderen namhaften kulinarischen Größen mit verordnetem EU-Herkunftsschutz (g.U. = „geschützter Ursprungsbezeichnung“) wieder, wie der „Wachauer Marille“, der „Steirischen Käferbohne“ aber auch italienischen Schmankerln wie dem „Grana Padano“ und dem „Prosciutto di San Daniele“. So bemerkenswert und besonders die kleinräumige Verbreitung der Hirschbirne auch ist, hat dies jedoch auch Schattenseiten, die sich aktuell in einer Überalterung der Bestände und einem starken Rückgang der Zahl der Hirschbirnbäume äußern.

Dies stellt große Herausforderungen an die regionalen Bäuerinnen und Bauern, die bemüht sind, die Baumbestände zu sichern, was nur durch Nachpflanzen junger Bäume erreicht werden kann. Die Nutzung der Hirschbirnen erfolgt auf mannigfaltige, sowohl traditioneller als auch modern-innovativer Weise, beispielsweise zu Saft, Most, Essig, Spirituosen, Kletzen (=gedörrte Birnen) oder Fruchtaufstriche und findet Eingang in zahlreiche kreative Gerichte. Und wer sich schließlich noch fragt, wie die Birne eigentlich zu ihrem „Hirsch“ im Namen kam, erfährt nun vielleicht ein kleines „Aha!-Erlebnis“. Tatsächlich leitet sich ihr Name vom mundartlichen „Hirscht“ oder „Hiascht“ für „Herbst“ ab und weist damit auf die späte Reifezeit der Birne hin.

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